Göteborg      [ reisebericht aus göteborg ]      svenska flagga

9/28/2006

[ der herbst ist gekommen ]

Seit gestern hat der Herbst in Göteborg das Regiment übernommen, es regnet, ist neblig, kalt und dunkel - letzteres zumindest beim Aufstehen um sieben Uhr früh und wenn man wie heute die Uni erst nach sieben Uhr abends wieder verlässt. Angesichts dessen habe ich die letzten sommerlichen Tage bis zuletzt ausgekostet. Als letzten Freitag meine beiden regulären Vorlesungen ausfielen, war ich nochmal in Askim, um dort am Strand mit Anne zusammen ein paar (wenige) Übungsaufgaben Qualle zu bearbeiten und - vor allem - die Sonne zu genießen. Der Strand war voller teils von der Sonne schon arg vertrockneter Quallen, die wohl die letzte - im allgemeinen hier kaum wahrnehmbare - Flut am flachen Ufer zurückgelassen hat. Nach einem sehr guten Afterwork-Essen auf der Avenyn, wo ich mich oft ein bisschen an Wilhelmstraße und dergleichen erinnert fühle - obwohl, genaugenommen ist die Avenyn viel schöner -, ging's in das nette englische Pub Kings Head in der Nähe vom Järntorget im Westen der Stadt, wo es eher etwas studentischer zugeht.

Samstag bin ich dann früh aufgestanden und habe eine Fähre in den södra skärgård zum Inselchen Brännö genommen. Schon die Bootsfahrt dorthin war herrlich, da war ich mit einer schwedischen alten Frau, die auf dem Boot neben mir stand und ebendas zu mir sagte ("Är det inte härligt?"), einhellig einer Meinung. Zwischen Wellen und Wind an der Reling zu stehen und die Segelboot Segelboote zu beobachten - einfach wunderbar! Auf Brännö angekommen bin ich ans andere Ende der autofreien Insel spaziert - es gibt dort viele ganz typische Häuser, einige davon sind sicher Sommer- und Ferienhäuser, und die Bewohner sind - wenn nicht zu Fuß oder mit dem Rad - mit einer Art umgekehrter Dreiräder unterwegs; deren Hinterteil besteht aus einem Motorroller, vorn befindet sich eine Sitz- und Ladefläche für alles, was man eben so befördern kann. An einem schönen Badefelsen habe ich mich schließlich niedergelassen, aber um weiter als mit den Füßen ins Wasser zu gehen war es mir zu windig. Ich glaube auf den Schären kann man sehr gut den ganzen Sommer verbringen, ob's auch jetzt bei Regen und Herbststürmen so schön dort ist, da bin ich mir nicht so sicher. Wahrscheinlich muss man das Meer sehr lieben und abgehärtet sein, um das ganze Jahr über dort leben können.

Für Sonntag war ich ein letztes Mal zum Kanufahren verabredet - das letzte Wochenende der Saison am Kanuverleih Vättlefjäll (Photos). Mit drei Kanus, zwei davon deutsch und eins halb englisch, halb australo-peruanisch, ging es von See zu See, zwischendurch eine ausgedehnte Feuer Rast mit Lagerfeuer. Auch wenn wir diesmal nichts richtiges zum Grillen dabei hatten - Köttbullar lassen sich auch prima am Holzspieß über der Glut bruzzeln. Der Tag auf dem Wasser war einerseits viel zu kurz, aber als wir um sieben bei Sonnenuntergang auf den letzten Drücker die Kanus zurückgaben, waren wir doch ganz schön fertig - paddeln macht müde... und auch schnell wieder hungrig. So war das gemütliche Pizzaessen bei Anne genau der richtige zum Ausklang dieses tollen Tages.

Am Montag war dann ganz normal Uni angesagt, nichts wirklich interessantes. Meinen immerfreien Dienstag wollte ich zwecks immernoch schönen Wetters dazu nutzen, vielleicht mal den Rat einer echten Schwedin zu befolgen und zur Älvsborgsfästning, einer alten Verteidigungsanlage, die in der Mündung des Götaälvs liegt, zu schippern, aber die Ausflugsboote sind - logischerweise - so spät im Sommer zumindest Älvsborgsbron unter der Woche nicht mehr unterwegs. Sehr schade! Stattdessen bin ich dann fotografierend dem Älv flussabwärts gefolgt, an den Fährterminals der StenaLine, die unter anderem täglich nach Kiel übersetzt, vorbei und hoch nach Stigberget, wo man auf einem Hügel, auf dem eine tolle Kirche steht, einen guten Blick über die Mündung und auf die Älvsborgsbron hat, die dort den Älv überspannt, und nebenbei auch in der Sonne liegen kann. Durch den Slottsskogsparken genannten riesigen englischen Landschaftsgarten kam ich dann schließlich wieder zurück zum Johanneberg. Und just als ich wieder zuhause war fing mit den ersten Regentropfen der Herbst an.

9/18/2006

[ altweibersommer ]

War das jetzt schon der Altweibersommer? Oder darf man noch auf eine weitere Schönwetterperiode hoffen, die es in Schweden um den siebten Oktober herum geben soll und deshalb hier Brittsommar genannt wird. Auf jeden Fall waren die letzten zehn Tage von strahlend blauem Himmel und warmem Sonnenschein geprägt. Unter der Woche war ich zweimal nach der Uni am Meer bei Askim baden und sonnen, einmal mit Torben, Alex und Anne - Torben hat praktischerweise sein Auto aus Deutschland mitgebracht - und einmal mit dem Bus, mit dem man in einer guten Viertelstunde vom Hörsaal quasi direkt an den Strand kommt :-D (Photos). Das Wasser ist noch erstaunlich warm, wie ich finde, und die salzige Meeresluft tut den Atemwegen richtig gut. Letztes Wochenende habe ich mich über das schöne Wetter noch richtig geärgert, da ich mit einer Erkältung auf der Nase lag und mir dachte, dass es am Montag dann sicher wieder kalt sein und Regen geben werde. Zu Glück habe ich mich da getäuscht.

An der Uni bin ich jetzt endlich ordentlich registriert und in den Vorlesungen kehrt allmählich eine gewisse Routine ein. Eine lab session am SEM (scanning electron microscope) hab' ich schon absolviert, wobei das eher ein Show-Praktikum war, als dass wir selbst groß etwas hätte machen können. Das kommt aber auch noch - später irgendwann.

Freitagabend war ich mit einer ganzen Horde von Erasmusleuten am Järntorget im RESPEKT zum Afterwork. Dort kann man sich - wie auch in vielen anderen Lokalitäten - am frühen Abend (also after work) kostenlos am Buffet - an dem meist eine sehr lange Schlange stand - mit Essen eindecken und muss nur für die Getränke bezahlen. Damit relativieren sich die in Schweden allgemein recht hohen (g)astronomischen Preise ein wenig. Anschließend ging es zu einer ganz lustigen Wohnheimparty, wo fast nur und dem Anschein nach auch alle sich zur Zeit in Göteborg aufhaltenden Erasmusstudenten anzutreffen waren. Da man bei schwedischem Bier - besonders bei lättöl, dem im Gegensatz zu allem Höherprozentigen auch in Supermärkten erhältlichen alkoholarmen Leichtbier - nicht wirklich von Bier sprechen kann, habe ich mich an dem Abend für den hier anscheinend recht populären Apfel- bzw. Birnencider entschieden, ein ganz wohlschmeckendes Getränk.

Heute mittag bin ich nach meinem sonntäglichen Besuch des mir schon sehr liebgewonnenenen schwedischen Hochamts in Kristus Konungen - ich habe festgestellt, dass ich wesentlich mehr verstehe, wenn ich mir die liturgischen Texte des Tages vorher kurz im Schott anschaue, oder mag das etwa an meinem besser werdenden Schwedisch liegen?!? - zu einem vom CIRC, dem Chalmers International Reception Committee, organisierten Picknick in einer der vielen Göteborger Parkanlagen und anschließendem Besuch des Världskulturmuseet gegangen, ein sehr interessanter und auch spaßiger Nachmittag.

Jetzt geht es schließlich in die dritte Studienwoche. Ein Teil der Vorlesungen fällt diese Woche aus, und da ab Dienstag wieder nasses Wetter angekündigt ist, werde ich die freiwerdende Zeit vielleicht mal für selbstständiges Studium einiger Übungsaufgaben nutzen - nicht in allen Kursen hier gibt es wöchentliche abzugebende home assignments, die einem nach ihrer Erledigung das gute Gefühl geben, das notwendige Pensum absolviert zu haben. Einer der Chalmers-Offiziellen sagte uns bei der Begrüßung der Erasmusstudenten vor zwei Wochen, die dunklen und verregneten Winter in Göteborg seien ideal, um sich dann ins Lernen zu vertiefen. Im Umkehrschluss zeigt sich jetzt, dass man bei dem derzeitigen schönen Spätsommer dazu noch nicht recht die Motivation hat.

9/6/2006

[ vi är svenska fans allihopa ]

...ein schöner schwedischer Fußballschlachtruf! Es gab günstige Karten für das heutige "EM-Spiel" der Schweden im neuen Stadion von Göteborg, so dass ich, anstatt mir das Deutschlandspiel anzuschauen/~hören, lieber mitgeholfen habe, die Schweden gegen den teilweise garnicht so schlechten Gegner Liechtenstein anzufeuern. Leider waren weder Wetter noch Stadionfüllstand auf unserer Seite; während des gesamten Spiels kam ein feiner nebliger Nieselregen runter und noch nicht einmal die Hälfte aller Plätze waren belegt. Die Schweden hatten zwar einen guten Start mit einem schnellen Tor von Allbäck gleich in der ersten Minute aber so richtig Schwung kam erst ab der Mitte der zweiten Halbzeit ins Spiel. Liechtenstein konnte sogar vor der Pause ausgleichen und erst in der 70. Minute hatten die Schweden wieder Glück. Wir (Anne, ein paar Österreicher und ich) saßen mitten in einem - gut belegten - schwedischen Block (ich frage mich ob überhaupt Liechtensteiner Fans da waren) und dort war die Stimmung zeitweise sehr gut. Im Gegensatz zu den Spielern und den "reichen Leuten" auf der Haupttribüne wurden wir auf den billigen Plätzen auch nicht nass. Kurz vor dem Abpfiff konnten die Schweden dann noch 'nen Elfmeter verwandeln und gingen so mit einem (von mir richtig getippten *freu*) 3:1 vom rutschigen Rasen. Als ich wieder zuhause war, fing in San Marino grad die torreiche zweite Halbzeit an, die ich so im Radio noch teilweise verfolgen konnte (leider gab es immer nur Ausschnitte, keine komplette Live-Übertragung).

Noch ein paar Worte zur Uni: Meine Kurse scheinen mit Ausnahme einer von einem sehr schlecht englisch sprechenden Taiwanesen von der Präsentation abgelesenen Vorlesung (wieso sollte es auch Vorlesung heißen, wenn man sich die durchaus interessanten Inhalte selbst durchläse, anstatt sie eben vorgelesen zu bekommen) recht gut zu sein. Besonders der hochgelobte Kurs Electron microscopy and microanalysis ist sehr ansprechend ausgearbeitet, verständlich und lehrreich (wohl nicht umsonst wurde er uns von einigen unserer "Vorgänger" aus Darmstadt empfohlen). Die Uni-Registrierung hat am Montag immer noch nicht geklappt, vll morgen, da hat das Studentenbüro das nächste Mal geöffnet. Inzwischen wissen wir auch wo die ganzen Veranstaltungen stattfinden; das war nämlich bisher ziemlich verwirrend, da die Raumangaben im elektronischen schedule system nicht alle stimmten und sowas wie ein einfaches kompaktes Vorlesungsverzeichnis hier leider nicht existiert.

9/4/2006

[ ich steige um ]

Ich habe beschlossen nun doch auf ein organisiertes Blog umzusteigen, da das hoffentlich weniger Arbeit macht. Wenn Blogger all das kann was ich brauche (muss mich da nochmal versichern) ist es einfach ideal!

edit:
So, das sieht doch ganz gut aus, der Umstieg hat geklappt, dann kann's bald mit neuen Blog-Nachrichten weitergehen.

9/3/2006

[ go on, ireland... ]

...haben wir gestern abend ziemlich oft gehört, denn eine gute Möglichkeit das erste EM-Quali-Spiel der deutschen Mannschaft zu schauen war das feindliche Lager, der Dubliner, ein Irishpub in der Innenstadt. Dort wurde nämlich nicht wie sonst sicher überall das gleichzeitig stattfindende Spiel der Schweden übertragen, sondern die (ungleich interessantere) Partie Tyskland - Irland. Es waren sogar noch ein paar andere Deutsche dort, wie man an den verhaltenen Anfeuerungen und dem einen, sich leider nicht wiederholenden Jubelschrei hören konnte. Ob ich am Mittwoch das Spiel gegen San Marino verfolgen werde, weiß ich noch nicht; ich wüsste zum einen nicht, wo ich mir das anschauen könnte, müsste also gegebenenfalls auf eine Radio-Liveübertragung im Internet zurückgreifen, zum anderen bietet sich die Möglichkeit zu dem hier in Göteborg stattfindenden Spiel der Schweden gegen Liechtenstein zu gehen und bei der Gelegenheit mal das schöne Stadion Nya Ullevi von innen zu sehen.

Heute war gutes Wetter, zum ans Meer fahren. Zumindest dachte ich das, als ich einen Blick aus dem Fenster warf und Sonne sowie blauen Himmel erblicken konnte. Beides gab es an der Küste dann zumindest stellenweise zwischen den vorbeirauschenden Wolkenpaketen und der Regen hielt sich glücklicherweise zurück. Dort draußen in der Askimsbucht war es ziemlich windig und es waren etliche Surfer und Lenkdrachen auf dem Wasser/in den Lüften unterwegs. Eine schöne kleine Wanderung, aber man merkt wie der Herbst sich naht.

Morgen fangen an der Uni die Vorlesungen an. Da es mit der offiziellen Einschreibung am Donnerstag noch Probleme gab (irgendwie fehlten die Darmstädter Erasmusstudenten - und auch andere - auf der offiziellen Liste; eine Panne die es wohl schon öfters gab, aber von Darmstadt anscheinend nicht behoben werden kann/will???) müssen wir das morgen noch nachholen. Ich hoffe beim zweiten Anlauf klappt es dann, denn ich hätte ganz gern jetzt auch 'nen Studentenausweis und den Zugang zum Uni-Account und was eben noch so alles daran hängt.